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So wird 2024: Der ultimative Jahresausblick

Wie man das zum Jahreswechsel so macht, habe ich die Glaskugel poliert – und weiß nun ganz genau, was in den nächsten zwölf Monaten bei Aktien & Co. so passiert. (Vorsicht, Satire!)

Januar

Nach FAZ, Spiegel und WiWo berichten auch Wild & Hund, Bäckerblume und Walt Disney’s Lustiges Taschenbuch über die Klumpenrisiken im MSCI World. Als dann auch noch die Apotheken-Umschau auf den Zug aufspringt und „Wie krank ist der Welt-ETF?“ titelt, brechen alle Dämme: Millionen Deutsche stornieren ihre Sparpläne, werfen ihre Fondsanteile auf den Markt und bunkern ihr Geld wieder wie früher auf dem Konto. Während Sparkassen und Volksbanken Sonderschichten schieben, melden Trade Republic und Scalable Capital Kurzarbeit an. Nur ganz oben im Kanzleramt streichelt jemand mit einem verschmitzt-schlumpfigen „Höhö“ versonnen über ein abgegriffenes rotes Büchlein.

Februar

Nachdem Bayer-Chef Bill Anderson entnervt die Brocken hingeworfen hat, wird Xavi Alonso zum CEO befördert. Der Trainer der werkseigenen Fußball-Mannschaft greift sofort konsequent durch: Die Consumer Health-Sparte kommt als Aspirin AG an die Börse, für die ausgedünnte Pharma-Pipeline leiert man Pfizer die letzten Corona-Milliarden aus dem Kreuz und Monsanto geht an Georg Kofler und Ralf Dümmel, die mit „The Glypho Strain“ ihren eigenen Insolvenz-Rekord (634 Tage nach der „Löwenhochzeit“) unterbieten wollen. In Leverkusen wird dagegen fortan nur noch Fußball gespielt. Die Börse feiert die mit der Bundesliga-Meisterschaft gekrönte Konzentration auf die Kernkompetenz – bis zum Jahresende steigt die Bayer 04-Aktie auf über 100 Euro.

März

Die Aktienrente kommt doch! Nur ein bisschen anders als gedacht, denn da Christian Lindners „Generationenkapital“ von den Ampel-Partnern blockiert wird, kriegen alle Deutschen über 63 (im Bedarfsfall halt per Fax) eine Curevac-Aktie aus Bundesbesitz – die wäre man sonst eh nicht mehr losgeworden und der Gegenwert von drei Euro reicht mit ein bisschen Glück für ein Kännchen Kaffee oder eine Tüte Pommes. Dazu ist auch die langfristige Finanzierung der Aktienrente gesichert: 2025-31 werden die rund 186 Mio. vom Staat gehaltenen Commerzbank-Aktien sukzessive an Rentnerinnen und Rentner verteilt. Dennoch gibt es Zoff in der Regierung. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken pocht auf Vermögensbildung durch Umverteilung und will unter allen Rentenberechtigten den Porsche von Christian Lindner verlosen. Der FDP-Chef droht die Koalition zu verlassen („Besser nicht regieren als nicht Porsche fahren“), was Robert Habeck aber in letzter Minute abbiegen kann, als er zwei Dutzend Mängelexemplare seines Kinderbuches „Kleine Helden, große Abenteuer“ zur Verlosung freigibt.

April

Pünktlich zur Dividenden-Saison startet am 1. April die App „Daily Dividend Darling“. Das von fünf finanziell freien Finfluencern finanzierte Fintech wandelt jährliche oder quartalsweise Dividenden in tägliche Einkommensströme um: Wer in seinem DDD-Depot beispielsweise eine Aktie der Deutschen Telekom hält, bekommt ab dem Ex-Datum 250 Börsentage lang 0,3 Cent gutgeschrieben (statt einmalig 77 Cent). Bereits nach drei Wochen meldet das Start-up über 100.000 Nutzer, von denen die meisten zum Preis von einem Euro pro Tag die „Buy & Hold till I’m old“-Funktion aktiviert haben – dieses Feature sperrt Aktien für einen Verkauf, solange die Dividende nicht gesenkt wird. Nach einer erfolgreichen Venture Capital-Runde unter Führung von Blackrock und Realty Income lanciert das frischgebackene Unicorn obendrein ein „Premium Plus“-Abo mit stündlichen Auszahlungen, die vollautomatisch in allen sozialen Netzwerken gepostet werden.

Mai

Im Champions League-Finale zwischen Bayern München und Real Madrid steht es zur Halbzeit 2:2. Uli Hoeneß sieht daraufhin die Saisonziele akut gefährdet, feuert in der Pause den erst drei Wochen zuvor als Spielertrainer inthronisierten Thomas Müller und ernennt den zufällig neben ihm sitzenden Bill Anderson zum neuen Coach: „In dieser Situation helfen nur noch Impulse von außen.“ Die Bayern gewinnen durch einen unberechtigten Elfmeter 3:2 und beim Bankett kündigt der vormalige Bayer-Chef ein Übernahmeangebot für Adidas an: „Wir müssen uns unabhängiger machen vom sportlichen Erfolg einer einzigen Mannschaft.“ Die fusionierte MiaSanDreiStreifen AG feiert ein fulminantes Börsendebüt, sackt allerdings wieder ab, als die Mannschaft in der ersten Runde des DFB-Pokals beim mittlerweile von Bjørn Gulden trainierten Landesligisten 1. FC Herzogenaurach ausscheidet.

Juni

Novo Nordisk präsentiert eine Studie, wonach die „Abnehm-Wunderspritze“ Wegovy nebenbei nicht nur das Herzinfarkt-Risiko minimiert und Nierenleiden vorbeugt, sondern auch gegen Glatze hilft. Die Aktie steigt daraufhin in der Spitze um 876%, wodurch der dänische Pharmakonzern Apple als wertvollste Börsenfirma der westlichen Welt entthront und ein Drittel des MSCI Europe Index ausmacht. Auch L’Oréal, Procter & Gamble (Head & Shoudlers) und Henkel (Schwarzkopf) können zweistellig zulegen – denn wo mehr Haare sind, wird auch mehr Shampoo, Gel und Farbe gebraucht. Kursrückgänge gibt es dagegen bei Textil-Filialisten wie Inditex (Zara) oder H&M, weil Analysten von einer rückläufigen Nachfrage nach Kopfbedeckungen ausgehen.

Juli

Das Deutsche Aktieninstitut zieht eine vorläufige Bilanz der HV-Saison und stellt fest, dass virtuelle Hauptversammlungen, Mehrfachstimmrechte und der ausgeweitete Bezugsrechtsausschluss bei Vorrats-Kapitalmaßnahmen sich zwar bewährt haben – aber nichts daran ändern, dass die meisten Aktionäre prinzipiell lästig sind. Damit CEOs unbehelligt von störenden Miteigentümern durchregieren können, sollen Vorstände gesetzlich ermächtigt werden, Anteilseignern nach eigenem Ermessen zeitweise oder dauerhaft Stimm-, Rede- und/oder Dividendenberechtigung zu entziehen. Eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission zur Modernisierung des Aktienrechts unter Vorsitz von Rolf Elgeti und Oliver Samwer erarbeitet weitere Vorschläge, um den Finanzplatz Deutschland für Börsengänge attraktiver zu machen – darunter die Abschaffung der ohnehin überbezahlten Aufsichtsräte, der Verzicht auf Wirtschaftsprüfer und die Aufnahme des AEBITDAOC (Adjusted Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization & Other Cost) in die Rechnungslegung nach HGB, gegebenenfalls unter der deutschen Bezeichnung „Gewinn vor Kosten“. Tarek Müller und Niklas Östberg gefällt das.

August

Schockstarre in Berlin: Nach einer nächtlichen Koalitionsrunde kann Olaf Scholz sich nicht erinnern, wo er den Schlüssel fürs Kanzleramt versteckt hat. Daraufhin können bis auf weiteres keine Kabinettssitzungen mehr stattfinden und keine neuen Gesetze auf den Weg gebracht werden. In einer ersten Reaktion verliert der DAX mehr als fünf Prozent. Dann jedoch sorgt eine Goldman Sachs-Studie unter der Überschrift „Besser nicht als schlecht regiert werden“ für eine Trendwende. Als der Schlüssel nach zwei Wochen noch immer nicht gefunden ist, hebt der IWF seine Wachstumsprognose für Deutschland kräftig an – und sogar MDAX und SDAX erklimmen plötzlich neue Allzeithochs.

September

Mit dem neuesten Software-Update sind alle Tesla-Fahrzeuge standardmäßig bei 50 km/h abgeriegelt. Wer schneller unterwegs sein will, braucht zum Preis von 250 Euro pro Monat ein „GröBgaZ Black“-Abo für den Kurznachrichtendienst Y (vormals X) – wo Elon Musk nun erst recht als größtes Businessgenie aller Zeiten gefeiert wird. Auch in Wolfsburg ist man schwer beeindruckt. Nach einem Vortrag von Frank Thelen erkennt der VW-Vorstand, dass Volkswagen bei Elektroautos den Rückstand auf „den Elon“ und „die Chinesen“ nicht mehr aufholen kann, weshalb man die Fahrzeugproduktion einstellen und sich gleich auf nächste Generation der Mobilität fokussieren will: Flugtaxis. Bei der Übernahme des eVTOL-Startups Lilium durch VW sichert sich die Porsche Automobil Holding SE 25% der Anteile, wandelt die Hälfte davon in Vorzugsaktien und bringt diese an die Börse. „Langfristig soll der VW/Porsche-Komplex mindestens 10 der 40 DAX-Werte stellen“, so PAH-Chef Pötsch.

Oktober

Um sich nicht wieder den Vorwurf einzuhandeln, die Geldpolitik habe zu spät auf Inflation, Rezession, Koalition und sonstiges Unheil reagiert, tagt der EZB-Rat nicht mehr bloß zweimal im Monat, sondern jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag („DiMiDo“). 15 Anhebungen und 19 Senkungen haben die Euro-Zinsen per Saldo auf 2,5% abrutschen lassen und Tagesgeld-Hopping zum Extremsport gemacht. Da kommt die ING Bank mit dem Holland-Hammer für Zinsjäger: 5% aufs Tagesgeld. Mindestens 5 Monate lang. Für bis zu 50.000 Euro. Natürlich nur für Neukunden. Die beim Video-Ident „Dibadibadu“ singen. Dabei ein Oranje-Shirt anhaben. Und in 50 Sekunden mindestens 50 Meter laufen. In Holzschuhen. Mit einem großen Gouda auf dem Kopf. Wochenlang sind Deutschlands Sparer im Klompen-Kaaskopp-Wahn, der aber schlagartig endet, als ein isländisches Geldhaus 5,55% Zinsen bietet. Auf alles. Ohne Firlefanz. Da stört nicht mal der merkwürdige Name – Benkoupthing.

November

Sensationeller Durchbruch bei Blue Origin: Wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen in den USA startet die Raumfahrt-Firma von Amazon-Gründer Jeff Bezos in Culberson County eine bemannte Mars-Mission. Präsident Joe Biden und die neue Vizepräsidentin Nancy Pelosi wollen sich den historischen Moment nicht entgehen lassen und sind genauso vor Ort wie Donald Trump und sein „Running Mate“ Ye I Can (irgendwann früher mal Kanye West). Beim gemeinsamen Foto im „Blue Mars“ genannten Shuttle passiert das Unvorstellbare – unter ungeklärten Umständen schließen sich alle Luken, die Raketentriebwerke fahren hoch und statt im Weißen Haus werden die Kandidaten die nächsten zwei Jahre im Orbit verbringen. Die drohende Verfassungskrise lässt den Dow Jones um zeitweise 5.000 Punkte absacken, bis Microsoft-CEO Satya Nadella mit PotusGPT den Ausweg präsentiert. Nach der zuletzt eher mauen Performance menschlicher Intelligenz im Oval Office wird die Präsidenten-KI vom Kongress im Eilverfahren zur Wahl zugelassen und gewinnt überlegen. In Berliner SPD-Kreisen wird daraufhin diskret eruiert, ob sich aus dem Nachlass von Helmut Schmidt ein KI-Kanzler destillieren ließe.

Dezember

Pünktlich zum ersten Advent lanciert Nestlé in Kooperation mit Novo Nordisk einen Schoko-Nikolaus auf Semaglutid-Basis. Wenig später kontern Coca-Cola und Eli Lilly mit „Mounjaro: The Real Diet Coke“. Die Weihnachtsrally läuft also bereits auf Hochtouren, als Apple sich über 200-jährige Anleihen fünf Billionen Dollar besorgt, um damit sämtliche noch ausstehenden Aktien zurückzukaufen. Sogar der Dirk Müller Fonds steigt zweistellig. Die Börse rätselt über die Hintergründe, bis die Wirtschaftswoche-Journalistin Julia Groth aufdeckt – der Crashprophet hatte schlichtweg vergessen, die am letzten Hexensabbat ausgelaufene Absicherung zu erneuern. Und in Berlin lässt ein podcastender Privatinvestor das abenteuerliche Auf und Ab der Märkte Revue passieren, hackt ein paar augenzwinkernde Glaskugel-Prognosen ins Handy und denkt sich: Et is wie et ist. Et kütt wie et kütt. Un et hätt no emmer jootjejange.

In diesem Sinne und Scherz beiseite: Danke fürs folgen, zuhören, widersprechen, inspirieren – un maat et joot in 2024. Nehmt und gebt, was Euch und die, die Euch am Herzen liegen, glücklich macht. Sammelt unvergessliche Momente. Schiebt nichts auf die lange Bank. Lebt!

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