Um der Nullzins-Falle zu entfliehen, haben Deutschlands Sparer sich im Laufe der Zeit auf manches Abenteuer eingelassen und sind dabei oft genug auf die Nase gefallen. Währenddessen konnten die Aktionäre von Top-Konzernen wie Münchener Rück, SAP, L’Oréal, Nestlé, Microsoft oder Coca-Cola Jahr für Jahr üppige Dividenden kassieren – unabhängig vom bisweilen hektischen Auf und Ab der Börsen.
Wer deswegen nun mit Tunnelblick den höchsten Dividendenrenditen hinterher jagt, droht jedoch gleich in die nächste Falle zu tappen. Denn oftmals sind fette Prozente kein Qualitätsmerkmal, sondern ein Warnsignal, dass die schöne Ausschüttung nicht von Dauer ist. Deshalb habe ich bereits vor über zehn Jahren etwas definiert, was ich „Magisches Viereck“ nachhaltiger Dividendenqualität nenne. Damit eine Aktie für mein (Dividenden-)Portfolio überhaupt infrage kommt, muss das Unternehmen in vier Disziplinen überzeugen:
Kontinuität: Das Gesetz der Serie
Wer schon früher gerne mal weniger oder gar nichts gezahlt hat, dürfte auch weiterhin ein unsicherer Kantonist bleiben. Und wer seinen Verpflichtungen immer penibel nachgekommen ist, wird alles daran setzen, seine weiße Weste zu behalten. Das gilt nicht nur für die private Zahlungsmoral, sondern auch für Aktiengesellschaften. Wenn Firmen ihre Dividende über lange Zeiträume nie gesenkt oder sogar kontinuierlich erhöht haben, spricht das für funktionierende Geschäftsmodelle und solides Management. Zehn Jahre ohne Dividendenkürzung sind dabei das Minimum – einige (vorwiegend US-amerikanische) Unternehmen stellen ihren Anteilseignern seit über einem Vierteljahrhundert Jahr für Jahr dickere Dividendenschecks aus.
Ausschüttungsquote: Nicht zu viel und nicht zu wenig
Die Dividende sollte nicht nur kontinuierlich gezahlt, sondern muss auch immer wieder aufs Neue im Unternehmen erwirtschaftet werden. Wichtig deshalb das Verhältnis zwischen Dividende und Gewinn: Wird zu viel ausgeschüttet, fehlt womöglich bald Geld für Investitionen. Gleichzeitig sind wir Aktionäre keine Hündchen, die man mit ein paar Ertragskrümeln abspeisen kann. Wer Eigenkapital gibt, sollte eine angemessene Gewinnbeteiligung erhalten. Um Alibi-Dividenden genauso auszuschließen wie ein Anknabbern der Substanz, möchte ich eine Ausschüttungsquote zwischen 25% und 75% sehen – geglättet über drei Jahre, schließlich kann auch das beste Unternehmen mal ein schlechtes Jahr haben.
Rendite: Niedrige Schwelle für hohen Total Return
Auch wenn ich primär von den Erträgen meines Vermögens lebe, will ich nicht die kurzfristige Ausschüttungsrendite meines Portfolios maximieren, sondern den mittel- bis langfristigen Gesamtertrag (Total Return). Deshalb ist nicht entscheidend, ob die Dividende einer Aktie zum Zeitpunkt meines Einstiegs nun drei oder fünf Prozent des Kurswerts ausmacht – solange die Perspektive stimmt. Nur allzu niedrig sollte die Dividende halt nicht sein. Senn sonst dauert es selbst bei zweistelligem Wachstum viel zu lange, bis man eine signifikante Verzinsung auf das eingesetzte Kapital erhält. Aktien, die sowohl historisch über fünf Jahre als auch indikativ nicht mindestens ein Prozent Dividendenrendite abwerfen, werden deshalb aussortiert.
Wachstum: Die Rendite von morgen
Das Dividendenwachstum von heute ist die Dividendenrendite von morgen: Wenn eine Aktiengesellschaft ihre Dividende fünf Jahre lang um je 15% steigert, verdoppeln sich die jährlichen Einnahmen. Deshalb sortiere ich meine DividendenAdel-Auswahllisten nach der Dividenden-Dynamik – und achte auch sonst auf positives Momentum. Über zehn Jahre sollte ein Unternehmen mindestens drei Anhebungen zustande gebracht haben, davon im aktuellsten Jahr. Wer mehr Dividende zahlt, blickt optimistisch in die Zukunft und sendet damit ein starkes Signal an den Kapitalmarkt.
Das alles ist natürlich keine Zauberei. Der Begriff „Magisches Viereck“ spielt lediglich auf die klassische Volkswirtschaftslehre an. Denn ähnlich wie die vier wirtschaftspolitischen Ziele (Preisstabilität, Beschäftigungsgrad, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, Wirtschaftswachstum) nie gleichzeitig zu erreichen sind, wird keine Firma in allen Dividenden-Disziplinen das Optimum schaffen. Aber die genannten Mindest-Standards müssen schon erfüllt sein, damit eine Aktie das Prädikat DividendenAdel erhält.