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Piotroski F-Score (Teil 1): Neun Punkte für finanzielle Qualität

Dividenden sind die Essenz der Aktie – und mit den vier Faktoren Kontinuität, Ausschüttungsquote, Rendite und Dynamik lassen sich Unternehmen, die nachrechenbaren „Shareholder Value“ liefern, ebenso einfach wie zielsicher identifizieren. Doch warum nicht eine zweite Meinung zur finanziellen Qualität einer Firma einholen, bevor man sich die Aktie ins Portfolio legt!?

Der Indikator des Stanford-Professors

Wer dabei weder Onkel Herbert noch Nachbar Willi fragen will und auch von Finanzjournalisten, Bankanalysten oder sonstigen mehr oder weniger professionellen Börsen-Wahrsagern wenig hält, dürfte den Piotroski F-Score mögen – eine Art Neun-Punkte-Plan für fundamentale Aktienanalyse auf wissenschaftlicher Basis, entwickelt vom heutigen Stanford-Professor Joseph D. Piotroski.

Piotroski F-Score Neun Punkte

Vom akademischen Hintergrund sollten Privatanleger sich allerdings nicht abschrecken lassen. Auch die 42-seitige Einführungsstudie (PDF), die übrigens schon im Jahr 2000 veröffentlicht wurde, muss man nicht unbedingt gelesen haben, um Piotroskis Methodik anwenden zu können. Stattdessen reicht ein gewisses Grundverständnis für Bilanzen. Denn im Kern ist der F-Score bloß eine Checklist: Es werden neun Kriterien geprüft und Unternehmen, die mindestens acht davon erfüllen, gelten als finanziell gesund.

Profitabilität (max. 4 Punkte)

Dabei schaut Piotroski zunächst auf die Profitabilität. Hier kommt es nicht nur auf einen positiven Jahresüberschuss an, auch der Cashflow soll positiv sein. Unternehmen, die nichts verdienen und Geld verbrennen, können schließlich keine Qualitätsfirmen sein.

Einen weiteren Punkt gibt’s, wenn der Cashflow höher ist als das Nachsteuerergebnis. Denn als Spezialist für Rechnungslegung kennt Piotroski alle (legalen) Tricks, mit denen Firmen ihren Gewinn größer oder kleiner rechnen können. Der Kapitalfluss hingegen lässt sich nicht so stark beeinflussen.

Hinzu gesellt sich als viertes Kriterium der Return on Assets, zu deutsch Gesamtkapitalrentabilität – also die Relation zwischen Gewinn (und Zinsen) und dem insgesamt zur Verfügung stehenden Kapital (Eigen- und Fremdkapital). Hier gibt es keine absolute Hürde. Stattdessen schaut Piotroski auf das Vorjahr: Die Rentabilität soll sich im Jahresvergleich verbessert haben.

Finanzierung (max. 3 Punkte)

Diese relative Betrachtung zieht sich auch durch den zweiten Komplex, wo es um Finanzierung und Liquidität geht. Ganz oben steht dabei der Verschuldungsgrad. Beim Verhältnis zwischen Fremd- und Eigenkapital möchte Piotroski gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang sehen – eine ziemlich konservative Lesart, die vielen Finanzvorständen nicht gefällt, aus Anlegersicht aber gerade im Hinblick auf eine mögliche Zinswende durchaus sinnvoll erscheint.

Daneben blickt Piotroski auf die so genannte Current Ratio, hierzulande auch bekannt als Liquidität 3. Grades. Dahinter verbirgt sich die Relation zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten. Um einen weiteren F-Score-Punkt zu ergattern, muss diese Kennzahl sich im Vorjahresvergleich erhöht haben. Denn je mehr das Umlaufvermögen die Schulden übersteigt, umso geringer ist das Risiko, dass eine Firma ihr Tafelsilber verschleudern muss, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Obendrein spielt auch die Aktienanzahl eine Rolle. Den siebten Piotroski-Punkt gibt’s nur, wenn die Zahl ausstehender Anteile sich gegenüber dem Vorjahr nicht erhöht hat. Mit anderen Worten: Es darf keine Verwässerung der Aktionäre durch Kapitalerhöhungen oder Optionsprogramme stattgefunden haben. In Zeiten üppiger Aktienrückkäufe ist das allerdings bei den meisten Unternehmen der Fall, auch weil die über die Börse erworbenen Anteile zumindest teilweise genutzt werden, um die Optionsverpflichtungen zu bedienen.

Effizienz (max. 2 Punkte)

Bleibt noch die operative Effizienz, wo Piotroski zunächst ganz simpel die Rohmarge ins Visier nimmt – die sich im Vergleich zum Vorjahr natürlich verbessert haben soll.

Hinzu kommt als letztes Kriterium der Kapitalumschlag. Diese von Privatanlegern oft vernachlässigte, für Unternehmer (und kreditgebende Banken) hingegen sehr wesentliche Kennzahl setzt den Umsatz ins Verhältnis zur Bilanzsumme. Auch hier gilt: Je höher, umso besser – denn wenn die Bilanz sich aufbläht, ohne dass parallel auch die Erlöse steigen, spricht dies für ein gravierendes Effizienzproblem.

Piotroski: Rundumblick mit hohem Nutzwert

In Summe geben die neun Kriterien also einen ziemlich profunden Einblick in die finanzielle Verfassung eines Unternehmens – mit hohem Nutzwert für Investoren: In seiner Studie kann Piotroski nachweisen, dass Firmen, die nur einen oder zwei Punkte erhalten, empirisch betrachtet einem deutlich erhöhten Insolvenzrisiko ausgesetzt sind. Gleichzeitig schneiden Aktien mit einem F-Score von acht oder neun Punkten deutlich besser ab als der Gesamtmarkt.

Dennoch ist der Piotroski F-Score natürlich keine Zauberformel für Überrenditen, denn die gibt es nun mal nicht. Wenn es dagegen um die regelmäßige Überprüfung des Portfolios oder Inspirationen für neue Investments geht, kann der Indikator sehr wertvolle Dienste leisten. Mehr dazu im zweiten Teil der Piotroski-Story – dann auch mit einer Liste der deutschen und internationalen Aktien, die aus der Perspektive des Stanford-Professors am besten abschneiden.

Noch mehr Infos rund um den Piotroski F-Score gibt’s in meinem Talk mit Kolja Barghoorn von Aktien mit Kopf – jetzt bei Youtube:

Folgen Sie Christian W. Röhl auf Twitter: @CWRoehl

Sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr für Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit und Genauigkeit. Die Kolumne dient nur der Information und stellt keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf der erwähnten Wertpapiere dar. Der Autor haftet nicht für materielle und/oder immaterielle Schäden, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der Inhalte oder durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Inhalte verursacht wurden.

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