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Geld für Kois statt für Aktionäre: Spätrömische Dekadenz bei Volkswagen

Ein beheizter Teich für die edlen Koi-Karpfen, die firmeneigene Luxusvilla für fünf Euro pro Monat und Quadratmeter, rund 3.100 Euro Betriebsrente am Tag: Selten hat der Begriff von der „spätrömischen Dekadenz“ so gut gepasst wie beim ehemaligen Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Während er in Wolfsburg am Steuer saß, hat Geld scheinbar keine Rolle gespielt. Nur von den Aktionären wurde Bescheidenheit verlangt. Von den rund 75 Mrd. Euro, die der Konzern während der Ära Winterkorn verdient hat, sind gerade einmal 12 Mrd. Euro als Dividende ausgeschüttet worden – lumpige 16%.

Volkswagen Koi Geld für Aktionäre

Nur 2007 und 2016, also ganz am Anfang und am durch den Abgas-Schwindel bitterbösen Ende, lag die über drei Jahre geglättete Payout-Quote knapp innerhalb des DividendenAdel-Zielkorridors (25-75%). Bis auf ein paar Almosen für die Anteilseigner blieb das Geld also im Unternehmen, wo Manager und Ingenieure herumtoben durften wie ein verwöhntes Blag im Spielzeugladen. Einfach mal ganz lässig alles ausprobieren, was man(n) schon immer mal machen wolle. Einen Supersportwagen mit 1.200 Pferdchen unter der Haube entwickeln (Bugatti Veyron), ein paar Lastwagenhersteller zusammenkaufen (MAN/Scania), sich den Jugendtraum vom eigenen Motorrad erfüllen (Ducati) und am Ende aller Welt beweisen, dass man nicht nur den Größten hat, sondern auch der Größte ist.

Volkswagen auf den Spuren von Karl V.

Tatsächlich konnte Volkswagen im ersten Halbjahr 2015 ein paar Wägelchen mehr absetzen als der Erzrivale Toyota. Doch der Skandal um manipulierte Abgaswerte von Dieselmotoren offenbarte, welchen Moloch das vermeintliche Erfolgsduo Winterkorn/Piëch erschaffen hat: Ein Riesenreich mit elf Marken und tausend Baustellen, an den Schalthebeln moralisch verwahrlost und insgesamt ähnlich unregierbar wie im 16. Jahrhundert das Imperium des Habsburgers Karl V., in dem die Sonne ebenfalls nie unterging und das irgendwann aufgeteilt wurde.

Natürlich wäre es vermessen zu behaupten, anständige Ausschüttungen hätten Dieselgate verhindern können. Unstrittig ist dagegen, dass Dividenden disziplinierend wirken – genau wie ein ordentlicher Aufsichtsrat. Doch was will man von einem Gremium erwarten, in dem vor allem Gewerkschaftler und Politiker sitzen und das eineinhalb Jahrzehnte lang von einem ebenso technik- wie selbstverliebten Patriarchen regiert wurde, dem sein Platz in der Geschichte des Automobils irgendwann wichtiger war als ein paar Milliarden mehr auf dem Konto!?

Maßvolle Payouts werden belohnt

Um die Volkswagen-Aktie machen wir jedenfalls auch weiterhin einen großen Bogen – genau wie um alle anderen Unternehmen, die zu wenig Dividende zahlen. Mit diesem Prinzip verpasst man zwar immer mal wieder eine grandiose Erfolgsgeschichte à la Fresenius, wo die Ausschüttungsquote unseren Zielkorridor zumeist ebenfalls verfehlt.

Infografik Ausschüttungsquote – besser viel als wenig

Vor allem aber erspart man sich auf diese Weise einige Flops. Das zeigt der Blick auf die 500 größten Aktien der Eurozone: Wer seit Anfang 2001 jedes Jahr gleichgewichtet in die Unternehmen investiert hätte, die im Durchschnitt der drei Vorjahre maximal ein Viertel ihrer Gewinne an die Anteilseigner weitergegeben haben, käme nach 16 Jahren inklusive realisierter Dividenden auf gut 60% Plus (Net Total Return). Die Firmen, deren Payout-Quote innerhalb des DividendenAdel-Zielkorridors (25-75%) liegt, können dagegen einen Wertzuwachs von rund 190% verzeichnen.

Christian W. Röhl auf Twitter: @CWRoehl

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