Gestern Hauptversammlung von Sixt in München. Quasi so eine Art Familientreffen, denn neben (Über-)Vater Erich gehören seit 2015 auch die Söhne Alexander und Konstantin dem insgesamt fünfköpfigen Vorstand an. Im Gegensatz zu anderen Familienunternehmen ist die Nachfolge-Perspektive beim im SDAX gelisteten Autovermieter also bereits geklärt – wobei der 71-jährige Patron noch immer den Ton angibt, erst recht auf der HV.
In freier Rede, die nicht einmal von Powerpoint-Slides orchestriert war, kommentierte der bestens aufgelegte Senior nicht nur die jüngsten Bestmarken bei Umsatz (erstmals mehr als 2 Mrd. Euro), Ertrag (175 Mio. Euro vor Steuern) und Dividende (1,50 Euro je Stammaktie) – sondern auch die Bilanzen der Konkurrenz, die Kaufprämie für Elektroautos und die Fantasie-Bewertung des Taxi-Startups Uber. „Ich freue mich, dass heute auch Vertreter des Wettbewerbs im Publikum sind, um von mir zu lernen. In den letzten Jahren hat das ja nicht so geklappt“, ist nur ein Beispiel für die Sprüche, mit denen Sixt sein Selbstbewusstsein zur Schau stellte und Aktionärsapplaus erntete. Mehr Weisheiten vom Altmeister, den die Süddeutsche Zeitung im Vorjahr schon mit Warren Buffett verglich, im Live-Ticker bei Twitter.
Eins kann jedoch auch Erich Sixt nicht ändern: Das Mietwagengeschäft ist und bleibt ebenso zyklisch wie kapitalintensiv, auch wenn sich das Risikoprofil der Sixt SE durch den Börsengang der Leasing-Sparte im letzten Jahr deutlich verbessert hat. Verständlich deshalb, dass es auf unsere Nachfrage zur nachhaltigen Dividendenpolitik – anders als etwa bei Axel Springer – keine klare Ansage gab.
Während der Konzern in puncto Rendite (3,1% bzw. bei den Vorzügen sogar 4,0%), Ausschüttungsquote (~50%) und Dividendenwachstum (langfristig zweistellig) Top-Werte erreicht, ist es mit der Kontinuität nicht allzu weit her. Stabile oder steigende Dividenden wie in den letzten Jahren sind nur zu erwarten, wenn auch die Gewinne wachsen. Eine Ertragsdelle hingegen wird wohl immer eine Kürzung nach sich ziehen und nicht durch eine temporär höhere Ausschüttungsquote geglättet werden – auch weil das zu >60% in Familienbesitz befindliche Unternehmen eben nicht allzu viel Rücksicht auf den kurzfristigen Ertragshunger externer Investoren nehmen muss.
Langfristig zahlt sich jedoch genau das aus, wie Erich Sixt gestern zufrieden Bilanz zog: Seit dem Börsengang vor 30 Jahren hat die Sixt-Aktie rund 4500% zugelegt, was einer Rendite von mehr als 13% p.a. entspricht. Und auch wenn das Unternehmen kein klassischer DividendenAdel ist, sind wir für die Zukunft (fast) so optimistisch wie der Vorstand. Als Dienstleister mit einem diversifizierten Geschäftsmodell – Vermietung und Leasing als starkes Fundament sowie Car Sharing (DriveNow) und Chauffeursdienst (MyDriver) als erfolgreiche Start-ups innerhalb der Firma – liefert Sixt Lösungen für die Mobilität der Zukunft und ist damit in letzter Konsequenz deutlich besser positioniert als ein Autohersteller.